Wappen der Hamburgischen Bürgerschaft

Dr. Christel Oldenburg MdHB

26.03.2018 16:21 Kategorie: Kolumne

Facebook, der Datenschutz und unsere Unbedarftheit


Recht hoch schlagen die Wellen zurzeit um die Datensammelei und –auswertung bei Facebook, dabei macht der Konzern keinen Hehl daraus, worauf sein Geschäftsmodell beruht: Die Benutzer können Facebook als Kommunikationsplattform verwenden, dafür bezahlen sie nicht mit Geld, sondern mit der Preisgabe ihrer Daten. Diese persönlichen Daten sammelt, analysiert, aggregiert und korreliert Facebook, erstellt damit detaillierte Nutzerprofile – nicht nur, um gezielte Werbung auszuspielen, sondern auch, um die entsprechend aufbereiteten Datensätze Kunden gegen Honorar zur Verfügung zu stellen. Als jetzt bekannt wurde, dass 2015 über den Umweg eines vermeintlich wissenschaftlichen Forschungsprojektes rund 50 Millionen Datensätze in die Hände des dubiosen Datenanalyse-Unternehmens Cambridge Analytica gerieten, gab es harsche Reaktionen: Der Psychologieprofessor Dr. Aleksandr Kogan hatte 2015 mit einer App für Persönlichkeitsprognose Benutzerdaten gesammelt und ausgewertet. Die Benutzer der App hatten der Erhebung zugestimmt und Daten aus ihrem Profil, ihren geteilten Content sowie gegebenenfalls weitere Daten ihrer Facebook-»Freunde« an Kogan übermittelt – damit konnte Cambridge Analytica nicht nur die persönlichen Nutzerdaten der rund 270.000 App-Benutzer auswerten, sondern eben jene 50 Millionen Datensätze auch der Facebook-»Freunde«. Angeblich hat Facebook mittlerweile diesen Zugriff durch Dritte auf die Nutzerprofile von »Freunden« eingeschränkt und bedauert den Vorfall – aber was heißt das schon? Das Geschäftsmodell von Facebook beruht ja im Kern auf dem Sammeln und Auswerten von persönlichen Nutzerdaten, auf dem Erstellen von Persönlichkeitsprofilen; davon wird Facebook auch künftig nicht lassen. Dieser Umstand muss jedem Nutzer klar sein, der Facebook verwendet. Auch ich bin bei Facebook angemeldet, schätze die unkomplizierte Möglichkeit, schnell über Termine, Veranstaltungen und Treffen informiert werden zu können. Dafür verwertet und kapitalisiert Facebook meine Nutzerdaten – dessen bin ich mir auch bewusst. Eben deshalb versuche ich aber auch, bei der Verwendung von Kommunikationsplattformen wie Facebook (den fälschlichen Begriff des »sozialen Netzwerkes« erspare ich mir) möglichst datensparsam zu agieren – ich muss bei Facebook nicht kundgeben, welches Frühstück mir besonders schmeckt oder wo ich meine Kleidung kaufe. Letztlich ist es eine Frage der Güterabwägung, ob ich bereit bin, meine Profildaten verwerten zu lassen, um im Gegenzuge Kommunikationstechniken wie Facebook zu nutzen. Solange ich diese Entscheidung für mich privat fälle, muss ich auch bereit sein, mit den Konsequenzen zu leben. Etwas anders verhält es sich mit dem Agieren der öffentlichen Hand: Das Bezirksamt Bergedorf und das Rathaus Bergedorf  etwa unterhalten eine Facebook-Präsenz, desgleichen die Hamburgische Bürgerschaft und der NDR – diese Beispiele seien nur stellvertretend genannt für die kaum noch zu überschauende Anzahl von Behörden, Ämtern und öffentlichen Einrichtungen, die auf Facebook aktiv sind. Das Argument, sich bei einem explizit datensammelnden, privaten US-Konzern zu präsentieren, klingt überall gleich: »So erreichen wir viele Nutzer, außerdem ist es unkompliziert.« Das mag sein, berücksichtigt aber kaum die Belange des Datenschutzes, die besonders bei Behörden und öffentlichen Einrichtungen Priorität vor der Bequemlichkeit genießen sollten. Ich bin daher gespannt, ob die Diskussion um Facebook auch bei der öffentlichen Hand zu Konsequenzen führen wird – wir stehen erst am Anfang der Debatte. Christel Oldenburg