Seit einigen Monaten erfährt eine Bürgerinitiative namens »Pulse of Europe« steten Zulauf, ihre Anhänger demonstrieren mittlerweile in rund 70 deutschen Städten jeweils sonntags um 14 Uhr für die »Europäische Idee« (grob gesagt), weitere Kundgebungen erfolgen in Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und selbst im Vereinigten Königreich.
Was aber ist »Pulse of Europe«, welche Ziele lassen die Bürgerinitiative so attraktiv erscheinen?
»Pulse of Europe« ist eine 2016 in Frankfurt am Main gegründete überparteiliche und unabhängige Bürgerinitiative mit dem Ziel, den europäischen Gedanken wieder sichtbar und hörbar zu machen.
Die Bürgerinitiative entstand aus einer Idee der Frankfurter Rechtsanwälte Daniel und Sabine Röder. Der weltweit zunehmende Erfolg nationalistischer und populistischer Bewegungen ließ in ihrem Freundeskreis den Entschluss reifen, selber aktiv zu werden – vor den 2017 bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland, die für das Fortbestehen der Europäischen Union entscheidend sein würden.
Der unerwartete Brexit und die Wahl von Donald Trump waren die entscheidenden Auslöser, nicht auf das nächste einschneidende Ereignis zu warten, um dann mit einer Gegenbewegung zu spät zu kommen. Statt dessen wollten die Initiatoren die vermutete schweigende Mehrheit der Europa-Befürworter vorher wachrütteln, um die mögliche Zerstörung der Europäischen Union zu verhindern.
Der EU komme vor allem die Rolle als Garant des Friedens zwischen ihren Mitgliedsländern zu, was ihren Erhalt in den Augen der Initiative, bei aller berechtigten Kritik und Reformbedarf, unbedingt notwendig macht. Am 9. November 2016, dem Tag nach der Trump-Wahl, entstanden die Konzepte und der Name »Pulse of Europe«, anschließend zehn Grundthesen, die zunächst im Freundes- und Kollegenkreis geteilt wurden.
Ende November 2016 nahmen an der ersten öffentlichen Kundgebung in Frankfurt rund 200 Personen teil; durch die Kommunikation über private Netzwerke und »soziale Medien« breitete sich die »Pulse-of-Europe«-Idee sehr schnell aus, wöchentlich wuchs die Anzahl der Veranstaltungsorte und der Teilnehmer; in Hamburg etwa demonstrierten am vergangenen Sonntag rund 1.000 Menschen unter dem »Pulse-of-Europe«-Signum, das ist der bisherige Teilnehmer-Rekord.
Die zehn »Grundthesen« mögen einigen Kritikern etwas schwammig formuliert erscheinen, konzentrieren sich aber auf essentielle Ideen und Werte der »Europäischen Idee« und stehen bei aller Überparteilichkeit der Initiative gegen Rechtspopulismus und Nationalismus:
Die Initiative plädiert für den Fortbestand der Europäischen Union, die Friedenssicherung mit und durch eben jene Union, weist auf die Verantwortlichkeit jedes einzelnen Bürgers für das Gedeihen oder Verderben der EU hin, appelliert an die Wahrnehmung des Wahlrechtes zugunsten europafreundlicher Parteien, tritt ein für Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit und europäische Grundfreiheiten, fordert aber auch Reformen ein, wo sie notwendig sind, ruft dazu auf, kritische Einwände gegen die jetzige Verfasstheit der EU ernst zu nehmen sowie die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten innerhalb der EU zu achten.
Sicherlich stellen die zehn Grundthesen kein ausgefeiltes europapolitisches Programm dar – das wäre auch höchst erstaunlich angesichts des knappen halben Jahres, das die Initiative erst existiert. Sehr bemerkenswert ist hingegen die enorme öffentliche Resonanz, auf die der Gedanke des »Pulse of Europe« stößt – sie könnte darauf deuten, dass die Mehrheit der Europäer eben doch immun ist gegen Rechtspopulismus und Nationalismus und ihrer Stimme jetzt auch wirksam Ausdruck verleiht.
In Hamburg treffen sich die »Pulse-of-Europe«-Teilnehmer jeden Sonntag um 14 Uhr auf dem Rathausmarkt. Alle weiteren Informationen finden sich auf der Website der Bürgerinitiative: http://pulseofeurope.eu/