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Christel Oldenburg - Wofür steht die SPD? Es wird Zeit für eine Grundsatzdiskussion
Wappen der Hamburgischen Bürgerschaft

Dr. Christel Oldenburg MdHB

02.10.2017 16:57 Kategorie: Kolumne

Wofür steht die SPD? Es wird Zeit für eine Grundsatzdiskussion


Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl scheint die Mehrheit der Sozialdemokraten erkannt und akzeptiert zu haben, dass die SPD einer grundlegenden Revision ihrer bisherigen politischen Leitlinien bedarf – wenn es diese Leitlinien im klassisch-programmatischen Sinne in den letzten fünfzehn Jahren überhaupt gab. Insofern ist die Entscheidung, in die Opposition zu gehen, folgerichtig und notwendig; die Regierungsbeteiligung (erst recht in einer großen Koalition) ist kein Selbstzweck, sondern bedarf zwingend eines schlüssigen und nachvollziehbaren Grundes – diese Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit ihres politischen Programmes fehlt aber der SPD nicht erst seit gestern. Auch ich habe keine Patentrezepte für Wege aus der Krise der Sozialdemokratie anzubieten, die parteiinterne Diskussion hat gerade erst begonnen. Dennoch kann ich mich noch sehr genau entsinnen, warum ich überhaupt in die SPD eingetreten bin: weil ich dazu beitragen wollte (und will), dass es in der Welt gerechter zugeht. Wir Sozialdemokraten stehen vor der anstrengenden und bisweilen schmerzhaften Aufgabe, klar und deutlich zu analysieren, warum die SPD für immer weniger Menschen die Partei ihrer Wahl darstellt – dieser Prozess wird einige Zeit dauern und auch heftige interne Diskussionen erfordern. Dabei darf es keine Tabus geben, weder aus parteiinternem Machtkalkül noch aus Sorge um die politische Außenwirkung. Um es deutlich zu sagen: die SPD muss sich letztlich auch mit der Frage befassen, ob ihre Zeit als große Volkspartei möglicherweise vorbei ist – und, wenn dem so ist, wofür und für wessen Interessen die Sozialdemokraten sich künftig engagieren wollen.   Einige Thesen möchte ich hier stichwortartig zur Diskussion stellen:
– Aktuell hat die SPD keine klare Vorstellung über ihre politische Position; der parteiinterne Diskurs über politische Grundsätze und Ziele ist schon seit längerer Zeit zum Erliegen gekommen und bedarf dringend der Wiederbelebung, sonst fehlen der Partei die programmatischen Leitlinien, ohne die sie der inhaltlichen Beliebigkeit anheim zu fallen droht. – Das sinnentleerte Starren auf die politische »Mitte« bringt eben nicht den gewünschten Anklang beim Wahlbürger – in der »Mitte« tummeln sich alle Parteien (oder wollen es), dabei mangelt es diesem Begriff per se an analytischer Trennschärfe und inhaltlicher Präzision. –  Die SPD muss sich daher definitiv entscheiden, wessen Interessen sie eigentlich vertreten will. Natürlich unterliegt unsere Gesellschaft einem steten Wandel, sie ist auch nicht mehr mit der Bundesrepublik von 1970 vergleichbar, aber gerade deshalb muss die Sozialdemokratie ihrer eigenen Glaubwürdigkeit halber deutlich machen, für welchen gesellschaftlichen Kurs sie steht. –  Zu dieser Positionsbestimmung gehört auch das klare Bekenntnis zu einem ureigenen Paradigma sozialdemokratischer Politik: Dem Eintreten für die Benachteiligten und Schwachen in unserer Gesellschaft.
Der Kasseler Soziologe Heinz Bude sprach in einem Interview mit dem »Freitag« Klartext:
»Seit etwa 20 Jahren finden wir ein neues Proletariat, das mit dem der Industrie nichts zu tun hat: Lkw-Fahrer, Paketboten, Gebäudereiniger und Menschen, die in der Pflege arbeiten. Die sind in Vollzeit beschäftigt, bekommen im Schnitt 1.000 Euro netto – haben aber keinerlei Aufstiegschancen. „Einfache Dienstleistungen“, so heißen die Tätigkeiten, die für 12 bis 14 Prozent der Beschäftigung stehen. Viel also – mit steigender Tendenz.«
Eben dieses neue Proletariat bedarf einer starken Partei mit Wirkungsreichweite. –  Die SPD muss sich ihren eigenen Fehlern und Fehlentscheidungen stellen:
Die Agenda 2010 mit der Hartz-IV-Gesetzgebung, die Ausweitung der Leiharbeit und eine fatale Liberalisierung der Finanzmärkte etwa haben nicht nur unsere Gesellschaft spürbar zum Negativen verändert, sondern dem Ansehen der SPD bei den Betroffenen nachhaltig geschadet.  
Zugespitzt gesagt: Wenn wir schon bei 20 Prozent gelandet sind, dann können wir auch wieder originär sozialdemokratische Politik gestalten, ohne noch wesentlich weiter in der Wählergunst abzusacken. Mit diesen Stichworten soll es für heute genug sein – klar ist jedenfalls, dass wir Sozialdemokraten dringend miteinander reden (notfalls auch streiten) müssen, um uns unserer politischen Identität zu vergewissern und den Bürgern dieses sozialdemokratische Profil künftig auch glaubwürdig vermitteln zu können. Wir haben jetzt vier Jahre Zeit dafür – mindestens. Christel Oldenburg