03.07.2017 17:30
Kategorie: Kolumne
20 oder gar 22 Stockwerke sind zuviel – Kontroverse um das Stuhlrohrquartier

Schon öfter war in dieser Kolumne vom Wohnungsbau in Hamburg und seiner Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung der Hansestadt die Rede – trotz des ambitionierten Wohnungsbauprogrammes des Senates herrscht immer noch große Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, das Konzept der verdichteten und mehrgeschossigen Bebauung soll hier Abhilfe schaffen.
Auch in Bergedorf sollen im sogenannten Stuhlrohrquartier ab 2019 über 1.000 Neubauwohnungen entstehen, dazu kommen Läden, Büros und Arztpraxen. Entstehen soll das Stuhlrohrquartier auf ca. 5 ha Fläche auf dem Gelände der ehemaligen Stuhlrohr-Fabrik von Rudolf Sieverts.
Um die beabsichtigte Anzahl von über 1.000 Wohnungen zu erreichen, sehen die Architektenpläne eine hochverdichtete Bebauung mit mehrgeschossigen Wohnhäusern vor, darunter auch drei elfstöckige Punkthochhäuser in der Quartiersmitte und ein 20 bis 22 Stockwerke umfassender Wohnturm im Westen des Quartiers.
Stadtentwicklungspolitische Entscheidungen überdauern viele Generationen und sind nur sehr schwer rückgängig zu machen. Deshalb wollen sie sehr gut überlegt sein.
Beinahe wöchentlich werde ich in meinem Beruf mit Klagen über Bergedorfs falsche stadtentwicklungspolitische Entscheidungen konfrontiert. Der Bau der Bergedorfer Straße in den 1950er Jahren, die Bergedorfs ehemalige Altstadt wie eine Schneise durchschlagen hat, steht da ganz an erster Stelle.
Ich möchte nicht, dass es uns mit dem Bau des Stuhlrohrquartiers ähnlich ergeht. In unmittelbarer Nähe des Zentrums eine dichte Bebauung schaffen – ja, aber nicht so dicht wie hier geplant.
Wie da noch Luft und Sonne an die unten liegenden Wohnungen kommen soll, ist mir ein Rätsel. Wenn die vorliegenden Pläne so verwirklicht werden, dann bekommen wir hier Klein-Manhattan mit dunklen Straßenschluchten und unangenehmen Fallwinden auf der Stuhlrohrstraße und am Schleusengraben.
Ein besonderer Dorn im Auge ist das Hochhaus mit 20, womöglich noch 22 Stockwerken. Wir haben hier im Bezirk keine Hochhäuser mit vergleichbarer Zahl an Stockwerken. Das CCB-Hochhaus hat 13 bzw. 14 Stockwerke. Das ist etwas höher als die drei Hochpunkte, die mit elf Geschossenen angesetzt werden.
Ich empfinde diese Höhe für Bergedorf schon als sehr hoch und nicht zur Bebauung der Umgegend passen. Hingegen 22 Stockwerke sind ja nun noch reichlich mehr.
Zum Vergleich: Der höchste Wohnturm in ganz Hamburg steht in Mundsburg und hat 29 Stockwerke, die tanzenden Türme auf St. Pauli haben 24 Stockwerke, ebenso das Emporio Hochhaus, früher Unilever Hochhaus.
Ich verstehe nicht, warum wir in unserem schönen Bergedorf diesen Beispielen nacheifern wollen. Eine Bebauung in dieser Höhe passt nicht zu Bergedorf. Sie wird großen Unmut in der Bergedorfer Bevölkerung hervorrufen.
Ich spreche hier nicht gegen verdichteten Wohnungsbau – aber maßvoll muss er sein und zum Stadtbild passen. Ich will es ganz klar sagen: Kein Hochhaus auf dieser kleinen Fläche im Stuhlrohrquartier! Da müssen wir noch mal ran.
Christel Oldenburg